Montag, 12. Februar 2018

Editorial KongressBrief Gender-Gesundheit (Januar 2018)

Interview mit Prof. Dr. Dr. Ilona Kickbusch und Dr. Sabine Ludwig

Am 12. Januar 2018 fand der Launch zum Verzeichnis "Women in Global Health – Germany" in Berlin statt, einer Liste, die Frauen aufführt, die im Bereich globale Gesundheit tätig sind, viele von Ihnen in Führungspositionen. Warum brauchen wir eine solche Liste?

Frauen stellen im Durchschnitt weltweit 67 Prozent der Global Health Workforce dar, aber nur 25 Prozent von ihnen sind in Führungspositionen vertreten. Bei den Vereinten Nationen sind nur 23 Prozent der Führungskräfte Frauen und bei den globalen Gesundheitsinitiativen nur 17 von 74 Führungskräften weiblich; aber zu 70 Prozent der Männer entscheiden über Finanzierung und der Verteilung von Ressourcen. Wir sprechen über ein Budget von bis zu 92,1 Billionen Dollar. Außerdem sind auf vielen Diskussionspanels zur globalen Gesundheit vorwiegend Männer vertreten.

Wie kam es zu der Initiative?

2014 wurde von Ilona Kickbusch am Graduate Institute of International and Development Studies Genf eine Twitter Kampagne gestartet und Namensvorschläge von Frauen gesammelt, um Frauen, die in Global Health tätig sind, mehr Sichtbarkeit zu geben. Die Liste der 100 Women Leaders in Global Health konnte im Dezember 2014 vorgelegt werden. Nach einer Veröffentlichung in The Lancet folgten weitere Nominierungen, so dass 2015 eine Liste von 300 Frauen erstellt wurde. In diesem Zeitraum wurde die Initiative „Women in Global Health - A Movement for Gender Equality in Global Health Leadership“ unter anderem von Dr. Roopa Dhatt gegründet, um Frauen in Führungspositionen in der globalen Gesundheit zu unterstützen und auf diese Weise zur Verbesserung der Gesundheit weltweit beizutragen. Um sich besser vor Ort zu vernetzen, sollten schließlich regionale und nationale Listen entstehen. Diese Idee haben wir aufgegriffen und im Juli 2017 in Berlin zu einem Treffen eingeladen, um die Gründung einer Initiative „Women in Global Health – Germany“ WGH-GER zu beraten; denn Deutschland spielt eine immer bedeutendere Rolle in der globalen Gesundheit und es gilt sicherzustellen, dass Frauen zu dieser Entwicklung entscheidend beitragen können.
           
Nach welchen Kriterien sind Sie bei der Erstellung vorgegangen? Welche Bereiche sind hier aufgeführt?

Eine Gruppe von Frauen in Berlin, die im Bereich der globalen Gesundheit tätig sind, wurde etabliert. Als erstes ging es darum, Namensvorschläge zu sammeln, um eine Basis für ein Netzwerk von Frauen in Global Health in Deutschland zu bilden. Die so entstandene Liste umfasst Frauen aus Deutschland, die international in Global Health tätig sind und solche, die in der globalen Gesundheit in Deutschland arbeiten und mindestens über eine zweijährige Berufserfahrung in diesem Bereich verfügen. Die Frauen kommen aus sehr unterschiedlichen Fach-gebieten: aus dem akademischen Bereich, aus Wissenschaftszentren, Stiftungen, Nichtregierungsorganisationen, internationalen Organisationen, Ministerien und aus dem Privatsektor. Gerade diese Breite macht es so spannend.

Was versprechen Sie sich von dieser Liste? Welchen Einfluss soll sie z.B. in der Personalpolitik von Organisationen oder Industrie im Gesundheitssystem haben?

Die Liste ist ein Beitrag, die Sichtbarkeit von Frauen in Global Health zu stärken und die Vernetzung der Listenteilnehmerinnen zu fördern. Das geschieht bereits und auch die Veranstaltung am 12. Januar 2018 hat dazu beigetragen. Das Aus-wärtige Amt benutzt die Liste bereits aktiv im Hinblick auf Namen von Frauen für Positionen in internationalen Organisationen. Die Liste soll zudem Veranstaltern helfen, die Anzahl von Frauen auf Panels und als Rednerinnen zu erhöhen – die Ausrede "es gibt keine Frauen" gilt ab jetzt nicht mehr. Arbeitgeber und Head Hunter sollen bei Stellenbesetzungen sowie Universitäten bei Berufungen unter-stützt werden. Studentinnen können mit Hilfe der Liste Mentorinnen finden. Auf diese Weise hoffen wir, einen Beitrag zur Erhöhung des Anteils der Frauen in Führungspositionen im Bereich Global Health leisten zu können. Der nächste wichtige Schritt ist jedoch die Zusammenstellung der verschiedenen Aktionen und Arbeitsfelder, die auf dem ersten Netzwerktreffen vorgeschlagen wurden. Man wird noch viel von dem Netzwerk hören - es wird sich einmischen.

Zum PDF-Download: http://www.womeningh.org/germany-chapter

Freitag, 12. Januar 2018

Editorial KongressBrief Gender-Gesundheit (Dezember 2017)



Bevor es wieder richtig losgeht, möchte ich Ihnen erstmal das Allerbeste für das Jahr 2018 wünschen: eine stabile Gesundheit, erfolgreiche Projekte und viele frohe Stunden!!

Und jetzt geht's los. Zu Jahresbeginn freuen wir uns über Studien und Statistiken, die Entwicklungen des letzten Jahres in plastische Zahlen fassen. Und hier lässt sich erstaunlicherweise erkennen, dass Frauen zwar nach wie vor länger leben, aber dass sie im Gegensatz zu Männern scheinbar kränker werden. Frauen überholen bei Krebserkrankungen mit einer Zunahme von neun Prozent ihre männlichen Leidensgenossen, die mit sechs Prozent der Neuerkrankungen zu Buche schlagen. Zum einen scheint die höhere Lebenserwartung, der wir uns insgesamt erfreuen können, ihren Tribut auf diese Weise zu fordern, zum anderen sind wohl auch veränderte Lebensgewohnheiten bei Frauen für eine höhere Erkrankungsrate verantwortlich. Genannt sei an dieser Stelle z.B. das Rauchen.

Brustkrebs steht bei Frauen erwartungsgemäß mit 66.000 Neuerkrankungen an trauriger erster Stelle. Wie sind diese Zahlen aber nun einzuschätzen, wenn im Britischen Ärzteblatt zu lesen ist, dass das Mammographiescreening doch häufiger zu einer Diagnose führt, wo sie nicht angebracht ist? Laut des International Prevention Research Instituts in Lyon sind fast sechzig Prozent der untersuchten Frauen von einer "Überdiagnose" betroffen und damit natürlich von einer entsprechenden Therapie, die nicht oder nicht so erforderlich ist.

Beim Alkoholmissbrauch ist die männliche Jugend augenscheinlich zurückhaltender gewesen als die weibliche. In Nordrhein-Westfalen mussten weniger Jungen mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus behandelt werden; dagegen drei Prozent mehr Mädchen. Interessant wäre eine Untersuchung mit welcher Art Alkohol sich die männliche und weibliche Jugend "die Kante" gibt, um präventiv diese Zielgruppe zu erreichen. Ist es die kreisende Wodkaflasche oder sind es schicke Cocktails? Handelt es sich um missverstandenen Lifestyle oder um ein Initiationsritual oder...?

Ältere Frauen halten es nach wie vor kaum für möglich, dass die Diagnose "Herzinfarkt" auch auf sie zutreffen könnte. Das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislaufforschung und das Helmholtz Zentrum München begründen die verzögerte Ankunft von Frauen über 65 in der Notaufnahme psychologisch und machen "falsche Bescheidenheit" dafür verantwortlich. Hier scheint es trotz der Erkenntnisse der vergangenen Jahrzehnte noch immer an der nötigen Aufklärung zu fehlen, die doch leicht durch Hausarzt oder Hausärztin erfolgen könnte – v.a. wenn Frauen nachgewiesenermaßen häufiger zum Arzt gehen.

Inwieweit sich diese Zahlen (zum besseren) verändern werden, wird sich nächstes Jahr um diese Zeit zeigen.