Grandios gescheitert? Die groß angelegte, nein, die
sehr groß angelegte PREFERE-Studie wird nun nach drei Jahren abgebrochen.
23.000.000 € wurden hierfür zusammengetragen und 7.600 Patienten waren für die
Teilnahme geplant – bis 2030 sollten die Ergebnisse der randomisierten Studie zu
Therapien bei Prostatakrebs vorliegen. Bislang haben sich 343 Patienten daran
beteiligt und einige der Fragestellungen sind inzwischen durch andere Studien beantwortet
worden. Das Studiendesign, durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit
im Gesundheitswesen (IQWIG) abgesegnet, sorgte bereits für massive Kritik; denn
hier steht weniger der "Patient im Mittelpunkt", sondern eine Wissenschaftlichkeit,
die zwar belastbare Daten hätte liefern können, aber eben diesen Patienten wohl
nur unzureichend in den Fokus genommen hat.
Der Objektivierung von Untersuchungsergebnissen sind
Grenzen gesetzt, wenn es um Menschen geht, die sich mit der Diagnose Krebs
konfrontiert sehen. In dieser Situation bereit zu sein, sich einer Therapie zu
unterziehen, die mehr oder weniger durch den Zufallsgenerator bestimmt wird – dazu
gehört Mut. Nicht nur der Betroffenen selbst, sondern auch ihrer Angehörigen,
die eine solche Erkrankung mittragen (müssen) und sollte es zum Schlimmsten
kommen, u.U. mit dem Zweifel leben müssen, dass die "zufällige" Wahl
die falsche war.
Um diesen Zufall einzuschränken, konnten die Teilnehmer
unter vier möglichen Behandlungsmethoden bestimmte Therapieformen "abwählen". Da sich die Studie laut
Webseite hauptsächlich an Erkrankte im Frühstadium wendete, sollte es
eigentlich nicht überraschen, dass diese Gruppe, Standardtherapien wie
Operation oder eine Strahlentherapie für sich zunächst ausschließt. Im
Frühstadium möchte man(n) individuell vielleicht noch gar nichts von diesen
(gefürchteten) Be-handlungsmethoden wissen und bevorzugt, erst einmal
abzuwarten und damit die Active
Surveillance oder eine
niederschwellige Therapie wie eine permanente, lokal eingesetzte Seed Implantation. Entgegen der
Überraschung seitens Jürgen Fritze vom Verband der Privaten Krankenversicherung
hätte diese Wahl mit umfassendem Blick auf das Patientenwohl vielleicht doch antizipiert werden können.
Jürgen Fritze bedauert auch: „Den Patienten konnte anscheinend nicht ausreichend vermittelt werden, dass die Frage der besten Therapie wissenschaft-lich
unbeantwortet ist, dass also die Empfehlung der einen gegenüber der anderen
Therapie unfundiert ist. Denn anderenfalls wären die Patienten der Logik
gefolgt, dass die Randomisierung jedenfalls keinen Nachteil bedeutet, aber
Erkenntnis-gewinn." (http://www.prefere.de)
Ob es sich hier lediglich um ein Kommunikationsproblem
handelt oder um die irrige Annahme, dass sich gegenwärtige Prostatakrebs-Patienten
mit ihrem persönlichen Schicksal in so großer Zahl zugunsten einer fundierten
Wissenschaftlichkeit zur Verfügung stellen würden, bedarf einer detaillierten Analyse.
In dieser Größen-ordnung, mit dem Anspruch, möglichst viele Daten zu erheben,
eignet das Studiendesign – überspitzt gesagt – eher für Mäusepopulationen. Aber
hier klafft sie wieder, die Lücke, die sich (gelegentlich) zwischen
datengestützter, evidenz-basierter Medizin und individuellem Behandlungsbedarf
auftut.